„Ich glaube fast, wir sind allesamt Gespenster“, sagt Helene Alving in Henrik Ibsens naturalistischem Drama. Das, was in den Menschen „herumgeistert“, das seien „alte, abgestorbene Meinungen aller Art, alte, abgestorbene Überzeugungen und Ähnliches. Sie sind nicht lebendig in uns; aber sie sitzen doch in uns fest, und wir können sie nicht loswerden.“ Zum Gedenken an ihren vor zehn Jahren verstorbenen Mann will die Witwe ein Kinderasyl in dessen Namen stiften. Damit will sie nach aussen die Ehre der Familie retten – und ihren Mann danach vergessen, denn der sei „genauso ruchlos gestorben, wie er all seiner Tage gelebt hat“.
Was Ibsen als „Familiendrama“ bezeichnet, erweist sich als Gesellschaftsdrama. Eine Familie zerbricht an überholten sozialen Konventionen. Weil dies als Angriff auf die bestehende Gesellschaftsordnung gesehen wurde, lehnten einige skandinavische Theater das Stück ab. Die Uraufführung fand daher auf Norwegisch vor Auswanderern in Chicago statt. Die erste Vorstellung in Deutschland wurde, um die Zensur zu umgehen, als Privatveranstaltung deklariert.
Regine und der Tischler Engstrand, Pastor Manders und Helene Alving, dazu Osvald, deren Sohn – nach und nach zeigt sich: Keiner ist, der er scheint. Regine ist nicht Engstrands Tochter, Osvald ist ihr Halbbruder und Pastor Manders verlässt Helene Alving wieder. Das Kinderasyl brennt. Steckt Pastor Manders dahinter? Wie auch immer: „Es ist schon besser, dass es so gekommen ist“, glaubt Helene Alving. „Dieses Kinderasyl hatte niemandem Segen gebracht.“ Engstrand und Regine gehen in die Stadt und eröffnen mit Helene Alvings Geld ein Bordell für Seeleute, Pastor Manders kehrt zurück zu seinen Verpflichtungen, Helene Alving und ihr todkranker Sohn sitzen einsam im Haus. „Was für ein Leben hast Du mir gegeben?“, hatte Osvald seine Mutter gefragt. „Ich will es nicht haben. Du sollst es mir wieder nehmen!“