JESUS CHRIST SUPERSTAR ist das erste abendfüllende Werk von Andrew Lloyd Webber und seinem Librettisten Tim Rice. Erzählt werden die letzten sieben Tage Jesu aus der Sicht von Judas. Webber und Rice zeichnen Judas aber nicht nur als den Verräter, sondern als einen Anhänger und vor allem Freund Jesu, der mit seiner zunehmenden Desillusionierung zu kämpfen hat und beobachten muss, wie ihnen ihr gemeinsamer Traum zunehmend aus den Händen gleitet. Die Euphorie, mit der die Menschen - sowohl Anhänger als auch Gegner - Jesus begegnen, gerät mehr und mehr zu einem Fanatismus, in dem Jesus zur Kultfigur stilisiert wird. Jesus wird von Rice und Webber als zutiefst menschlich charakterisiert. Er begegnet dem Starkult mit sanfter Stärke; Zweifel an der Sinnhaftigkeit seines Tuns aber lassen ihn auch mit Gott hadern.
Die oft aufgeführte Rockoper ist nun am Theater Basel mit Alexander Klaws, Patrick Stanke und Andrea Sanchez del Solar in den Hauptrollen zu erleben. Regie führt Tom Ryser, der dem Basler Publikum bereits bestens durch seine Musical-Inszenierungen bekannt ist. Musiziert wird in der originalen Bandbesetzung der legendären Aufnahme von 1970. Vorstellungen laufen vorerst noch bis Mitte Juni. Die Premiere fand am vergangen Samstag statt, und wir haben hier einen Überblick über die Pressestimmen:
Daniele Muscionico (Neue Zürcher Zeitung): "...Rysers Neuschreibung ist eine Jedermanns-Geschichte und eine Odyssee der Orientierungslosigkeit. Sie benennt politische Repression, die den Fanatismus schürt, zeigt den wechselhaften Willen der Masse und die Mechanik des Starkults - in der Mitte Jesus als metrosexuellen Verführer wider Willen. Schwul-lesbische Töne, von «Judas» (Patrick Stanke liefert Schweres leicht) und «Maria Magdalena» (Andrea Sanchez del Solar), sind intendiert. In Basel ist nicht die Botschaft sexy, sondern der Botschafter. Ryser räumt aus und entmystifiziert. Er räumt auf mit Glanz und Gloriole, mit Kitsch und Klamotten..."
Jenny Berg (Tageswoche): "...Judas ist in der Basler Produktion mit dem Musical-Sänger Patrick Stanke hervorragend besetzt: ein stimmlich starker Tenor mit viel Power, Farbe und Charisma in der Darstellung. Neben ihm wirkt Klaws oft eindimensional, ein zarter, zweifelnder Jesus, der seine besten Momente in den leisen Songs hat, bevor er im Schoss von Mary (mit grossartiger Stimme: Andrea Sánchez del Solar) wie ein kleines Kind einschläft. [...] Das Bühnenbild (Stefan Rieckhoff) ist schlicht gehalten [...] Die Kostüme könnten aus einer 70er-Jahre-Jeanswerbung stammen und die Personenführung ist - wie man es beim Musical, nicht aber bei der Oper gewohnt ist - nachvollziehbar, aber wenig spannend. Fantastisch hingegen die Choreographien von Lillian Stillwell, die den Groove der Musik in Bewegungen umsetzt..."
Elisabeth Feller (Basellandschaftliche Zeitung): "...Für Regisseur Tom Ryser wird Jesus in die Rolle eines Stars katapultiert, der er nicht gewachsen ist. Wie sein Scheitern und sein Tod mit Judas verknüpft sind, ist berührend. Man kann diese Geschichte mit ihren vielen Chorszenen opulent oder - wie in Basel - auch intimer erzählen. [...] Wucht kontrastiert Ryser mit Verinnerlichung. Man mag den funkelnden Sternenhimmel kitschig finden, doch er zeigt im Verbund mit dem einsam auf der Bühne verbleibenden, sich mit Zweifeln quälenden Jesus beklemmende Wirkung - und das im zweiten Teil einer Inszenierung, die im ersten mitunter unentschlossen wirkt. [...] Sängerisch liefern sich Klaws und Stanke einen fesselnden Wettstreit, der befeuert wird von der 14-köpfigen Rockband unter Ansi Verweys Dirigat. Diese Band ist ein Glücksfall: Sie spielt den rhythmischen Drive ebenso lässig-souverän aus wie sie die lyrischen Stellen zart auskostet..."
Siegbert Kopp (Südkurier): "...Nach der Pause gewinnt die Inszenierung an Dynamik und Expression; auch die Musik steigert sich in Gegensätzen zu stärkerer Bandbreite. „The Last Supper": Zum letzten Abendmahl öffnet sich imposant der Sternenhimmel. Darunter lagern die Jünger mit Weinflaschen und singen: „Wenn wir in Rente sind, schreiben wir die ganze Geschichte auf" (flotte Übertitel von Claudia Christ). Jesus bringt Nachschub: „Dieser Wein könnte mein Blut sein." Judas, genervt von Jesus' Fatalismus, singt: „Ich verachte dich." Jesus reagiert mit Schrillheit: „Hau ab!" Jetzt setzt zur Begeisterung des Publikums der Kräfte zehrende Sängerwettstreit zwischen den beiden ein und zerrt an Nerven und Stimmbändern..."
Foto Credit: Sandra Then
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