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Review Zusammenfassung: HAIR in München ist viel mehr wie lange Haare und freie Liebe

By: Mar. 04, 2016
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Am 25. Februar feierte das Gärtnerplatztheater Munchen mit Galt MacDermots Rock Musical HAIR Premiere in der Reithalle.

In keinem Musical wurden die Ideale der Hippie-Generation so auf den Punkt gebracht wie in diesem Broadway-Hit von 1967. Dem Trend jener aufregenden Jahre folgend durchbrachen die Autoren Galt MacDermot, Gerome Ragni und James Rado die Sehgewohnheiten der bis dato etablierten Theaterformen und schufen in loser Szenenfolge ein musiktheatrales Spektakel, das Alltag mit Theatererlebnis vermischte, das Publikum zum Mitspielen einlud und die Geburtsstunde des Genres »Rockmusical« einläutete. 47 Jahre nach der skandalumwitterten deutschen Erstaufführung im Oktober 1968 im Münchner Theater in der Brienner Straße ist das Hippie-Happening jetzt wieder in München zu erleben - mit der großartigen Rockmusik von damals, neu in Szene gesetzt von Gil Mehmert und Melissa King.

Das Publikum bei der Premiere war euphorisch, und wegen der extrem großen Nachfrage wurde inzwischen noch eine Zusatzvorstellung anberaumt. Vorstellungen laufen noch bis 17 März, mit der Sondervorstellung am 12 März. Die Presse zeigte sich ähnlich begeistert von diesem betagten amerikanischen Klassiker, der heute wieder erschreckend aktuell ist. Das hatten die Kritiker zu sagen:

Robert Braunmüller (Münchner Abendzeitung): "...Gil Mehmerts Inszenierung rettet den Geist von „Hair" in die Gegenwart der Reithalle herüber, ohne irgendwie belehren zu wollen. Die Aufführung ist hervorragend gemachtes Unterhaltungstheater mit durchaus ernsten Untertönen. [...] Die innere Dynamik der Hippie-Gruppe wird nur angerissen, die Nebenfiguren bleiben anfangs ein wenig unscharf. Erwachsene bleiben holzschnitthaft charakterisierte Spießer. Aber das stört nicht wirklich, weil die Choreographie von Melissa King mitreißt und das perfekte Ensemble um Dominik Hees (Berger), Bettina Mönch (Sheila), David Jakobs (Claude) wirklich fulminant singt und tanzt. [...] Der Pazifismus und die Toleranz dieser Zeit sind wieder ganz nah. Und so hart und intolerant, wie die Zeiten heute sind, kann uns eine starke Dosis Love & Peace nicht schaden..."

Tobias Hell (Merkur): "...Mit seinen Ausstattern Jens Kilian (Bühne) und Dagmar Morell (Kostüme) schickt der Regisseur den Zuschauer auf einen farbenprächtigen Trip, der das Lebensgefühl der Sechziger spürbar werden lässt, ohne dabei zur exotischen Kostümschlacht in naiv-nostalgischer Wohlfühlatmosphäre zu werden. Mehmert und sein Team bewahren dem Stück die politische Sprengkraft. [...] Immer wieder findet die Inszenierung großartige Bilder, die von einem stimmungsvollen Licht- und Videodesign unterstützt werden. Und wenn etwa zu den Klängen von „Air" die Agent Orange Wolke herabregnet oder bei „White Boys/?Black Boys" die rassistischen Hohlköpfe des Ku Klux Klan aufmarschieren, wird auch den später Geborenen die bis heute gültige Botschaft hinter der Musik bewusst. Gekrönt wird dieser vor Energie nur so strotzende Abend von einer durch die Bank großartigen Band- und Ensembleleistung. [...] Der erschreckend aktuelle Hippie-Klassiker hat noch jede Menge Leben in sich!..."

Wolf-Dieter Peter (NMZ): "...Melissa King hat das staunenswert differenzierte Ensemble zu einer fulminanten Ganz-Körper-Choreographie animiert, die Hochleistungspower verströmt - bis hin zum „Be-turn-tanzen" der zwei beweglichen Woodstock-Lichttürme von Meister-Bühnenbildner Jens Kilian. Der lässt unter dem Podium zauberhaft Haschfelder herausfahren und wachsen, durch die das traumhafte Girlie Sheila (hinreißend Bettina Mönch) auf einem unechten Pegasus reitet. [...] Dazu lieferte Dirigent Jeff Frohner in ironischer „Master"-Uniform am Keyboard mit einer neunköpfigen Band einen fetzig wummernden Sound. Doch über das betörend feine Posaunen-Solo von Ulrich Käthner hinaus gelangen auch die leisen Nummern wie „Where do I go", Sheilas „I believe in love" oder der sanfte Beginn von „Good Morning Starshine". [...] Diese bittere Diskrepanz unserer Welt zu „Let the sunshine in" nahm man mit - wie sie Carl Friedrich von Weizsäcker schon in den 1980er Jahren formuliert hatte: „Das Schlimmste ist, dass wir auch die Hoffnung des Protests enttäuscht haben". Wenn ein Werk von 1967/68 dies über fünfzig Jahre später wachruft, dann wird es zu Recht als Klassiker gefeiert...."

Peter Jungblut (BR Klassik): "...Regisseur Mehmert und seine Ausstatter Jens Kilian und Dagmar Morell finden für ihre "Hair"-Interpretation großartige, mitreißende Bilder: In der eigentlich schäbigen und etwas abgelegenen Münchener Reithalle entfaltet sich eine opulente Sechziger-Jahre-Revue. Andy Warhol, Liz Taylor und Jimi Hendrix lassen sich ebenso blicken wie indische Gurus, der Ku-Klux-Klan und die nackten Hintern der Kommune 1. [...] Die Bühnentechnik leistete ganze Arbeit, vor allem das Lichtdesign. Die Tonanlage dagegen blieb durchgängig etwas scheppernd. Die Hymne "Let the sunshine in" wurde teilweise durchs Megaphon geplärrt, wie auf damaligen Demos üblich: Ein plausibler Regieeinfall, der das Musical endlich wieder als Proteststück kenntlich machte. Die Darsteller waren durchweg absolut glaubwürdig, voller Energie und von geradezu messianischer Lebensfreude beseelt, allen voran Dominik Hees als Hippie-Chef Berger und David Jakobs als angehender Soldat Claude..."

Philipp Bovermann (Süddeutsche Zeitung): "...Der zeitliche Abstand wird nicht geleugnet, vielmehr darf die Musik beweisen, wie mühelos sie ihn zu überbrücken vermag. [...] Es macht einem nichts aus, dass "Hair" mittlerweile etwas von einer Faschingsveranstaltung hat, denn Fasching heißt immer auch Travestie, Umsturz, als würde unter allen Rollen und bürgerlichen Speckröllchen das Feuer der Liebe einfach weiterbrennen, unbeeindruckt von Uniformen, weil es einer anderen, "kosmischen" Ordnung angehört. Deshalb dürfen die Hanfpflanzen auch aus Plastik sein, die Joints auf der Bühne nur noch Wasserdampf produzieren. Bekifft würden diese hervorragenden Sänger und Tänzer die anspruchsvolle Choreografie sowieso nicht schaffen. Das alles sieht heute natürlich nur noch so leicht und frei improvisiert aus. Alles nur Show. Aber es ist wie damals: Die Musik wird sie retten..."

Foto Credit: Christian POGO Zach



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