Dieser Mann ist ein Phänomen, ja ein wahres Chameleon. Er schafft es immer wieder sich neu zu erfinden und sich dabei immer treu zu bleiben: Tim Fischer. Im Verlauf seiner Karriere hat er Abende über Diven wie Zarah Leander, Hildegrad Knef oder Marlene Dietrich gegeben, hat Kreissler mit überwältigendem Erfolg gesungen und seine "Rinnsteinprinzessin" ist legendär, da oft kopiert und nie erreicht.
Mit seinem neuen Programm "Tim Fischer singt Gerhard Woyda - Satiriker sind keine Lyriker", welches am 08. Mai Premiere in der Bar jeder Vernunft feierte, ist er wieder einmal an einem beruflichen Höhepunkt angelangt. Die großartige Idee von Gerhard Woyda einen ganzen Abend für Tim Fischer zu schreiben und zu komponieren entpuppt sich als echter Glücksfall. Um eins aber vorweg klarzustellen: einfach macht es sich Fischer und seinem Publikum nicht. Die Texte von Woyda sind brisant und Kreisen um kontroverse Themen wie sexueller Missbrauch, Gewalt, Selbstmord und Drogen.
Fischer singt alles messerscharf auf den Punkt genau und hervorragend interpretiert. Seine Lust an der Sprache und der Klarheit der Worte ist wie immer fulminant. Wir haben in Deutschland keinen zweiten Künstler der es so versteht auch diffizile und strapaziöse Chansons dem Publikum näher zu bringen und immer wieder aufs Neue zu begeistern wie Tim Fischer. Woyda, der einzelne seiner Lieder für Fischer am Flügel begleitet, ist extrem aktuell und Nahe am Puls der Zeit. Immer wieder greift er aktuelle Themen wie Guantanamo, Kirchenpolitik oder auch die Mode der Kanzlerin Merkel auf. Seine Texte sind gewitzt, politisch herrlich inkorrekt und immer wieder zündet er ein wahres Feuerwerk an Pointen.
Deutschland, ein Varieté.
Träume fallen wie Schnee.
spiegeln sich zitternd in deinem Tee,
wunschsuggeriertes Faksimile.
Wohlstands-Roulette im Livree,
Deutschland, ein Varieté.
Es sind kleine Geschichten und Juwelen die Woydwa Tim Fischer in den Mund legt. Fischer schafft es wieder einmal diese auf hochglanz zu polieren und in seiner ganz besonderen Art zu einem Festakt höchsten Karates zu gestalten. Es ist ein Abend der wachrüttelt, der zum Nachdenken anregt und Misstände anprangert, die man selber nur zu gerne beiseite schiebt. Da wird über die Hose der Frau Merkel gelästert, da ist eine Muslimin mit ihrem Kopftuch verheiratet, da verliebt sich ein Sechzehnjäriger in eine Sechzigjährige, da träumt ein Rauschgiftsüchtiger von einer besseren Welt und ein Pfarrer kann seine Hände nicht von minderjährigen Messdienern lassen.
So trieb er es mit Kindern,
empfand es gottgewollt,
und folglich hat Herr Zebaoth
deswegen nicht gegrollt
Es lebte froh der fromme Priester,
beschützt durch seine Priesterschar.
Was außerhalb der Kirche war,
schien böse, voller Sünde.
Er fand sein sexuelles Glück
bei dem geliebten Kinde.
Was für eine Scheinwelt in der wir leben! So ist eine gute Dosis an Satire extrem gewünscht und lange überfällig. Woyda öffnet mit seinen scharfen Texten die Augen und Ohren und hält der Gesellschaft immer wieder einen Spiegel vor. Der einzige Punkt in dem ich Woyda allerdings widersprreche, ist der Titel des Programms, denn der große Satiriker Gerhard Woyda ist sehr wohl auch ein großer Lyriker, der seine Texte nicht nur wunderbar würzt, sondern sie auch schmackhaft serviert. Jeder der gewillt ist sich auf zwei anspruchsvolle, aber lohnende Stunden einzulassen, wird es nicht bereuen diesen Abend besucht zu haben, also buchen Sie am besten gleich Ihr Ticket:
Photo Credit: Jan Wirdeier
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