Neil Simon ist ein Dinosaurier. Das meine ich nicht despektierlich, sondern mit dem allergrößten Respekt. Denn was er über viele Jahre hinweg schrieb, sind humorvolle Boulevardstücke, die aus einer längst vergangen Epoche sind. Macht es trotzdem Spaß heutzutag ein Neil Simon Stück zu sehen? Ja, auf jeden Fall! Simon's Komödien gehören zu den Klassikerns des Boulevards und werden nach wie vor sehr gerne gespielt. Unter diesen Klassikern findet sich auch das Stück „Sonny Boys". Premiere feierte die Komödie 1972 am New Yorker Broadway in der Regie von Alan Alda.. Die Geschichte zwei in die Jahre gekommener Komödianten,die sich bekriegen und im verbalen Schlagabtausch für einige Lacher sorgen gehören zu Simon's Visitenkarte wie seine Komödien „Ein seltsames Paar", „Plaza Suite" und „Gerüchte, Gerüchte".
Willie und Al waren einmal die „Sonny Boys", unschlagbare Komödianten, die landauf landab für ihre Sketche gefeiert wurden. Doch das Ringen nach immer neuen Gags war ein ständiger Nervenkrieg – weshalb Al nach 43 Jahren abrupt einen Schlussstrich zog. Mit den Solokarrieren ist es nichts geworden. Niemand interessiert sich mehr für die einstigen Stars.
Bis eines Tages Willie's Neffe Ben den beiden ein Angebot macht, das sie schon wegen der Gage nicht ablehnen können. Doch bereits beim ersten Zusammentreffen bricht die alte Hassliebe zwischen den beiden wieder auf.
Simon's Humor ist ein feinsinnig leiser, die Lacher sind eher Schmunzler und die Gags eher fein als mit dem Holzhammer. Ulrich Waller versucht auch erst gar nicht das Stück ins hier und jetzt zu holen, sondern vertraut in seiner Inszenierung auf seine fulminant aufspielenden Hauptdarsteller Gerhard Garbers und Christian Redl die, so passend zum Stück, ebenfalls aus einer anderen Zeit stammen. Aus einer Epoche nämlich, in der Schauspieler noch ausgebildet wurden und Stimmsitz kein stirnrunzelndes Fremdwort war. Präzise arbeiten beide Herren die Komik und auch den Slapstick aus ihren Figuren heraus ohne zu sehr in die Klischeekiste zu greifen. Auch wenn das Stück etwas braucht um in Fahrt zu kommen, ist ein witzig/ genussvoller Theaterabend garantiert. Für heutige Augen und Ohren hätte sicherlich einiges gekürzt werden können, und dennoch tat Regisseur Waller gut daran, den Charme der originalvorlage beizubehalten. Zu sehr ist unser Sehverhalten durch Werbung und Filme beeinflusst. Schnelle Schnitte werden so brutal und bedingungslos eingesetzt, dass wir manchmal gediegene, unaufgeregte Inszenierungen und Stücke wie dieses nicht mehr zu schätzen wissen.
Der Besuch des Stückes ist wie der bei der eigenen alten Tante: man hat sie gern, aber man muss ein paar Einschränkungen in Kauf nehmen und das eigene Tempo mindestens um die Hälfte reduzieren um sie zu erreichen
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