Show Boat beendete am Sonntagabend seine Aufführungszeit in Bad Hersfeld. Mit diesem Musical gelang den Bad Hersfelder Festspielen eine rundum gelungene Produktion unter der Regie und Choreographie von Melissa King und der musikalischen Leitung von Christoph Wohlleben.
Mit dem Show Boat auf dem Mississippi unterwegs ist eine Gruppe fahrender Schauspieler, die jeden Tag in einem anderen Hafen anlegen und dort am Abend eine Unterhaltsshow aufführen, bevor sie wieder ablegen und ihre Reise vorsetzen. Show Boat, mit Musik von Jerome Kern und Buch und Gesangstexten von Oscar Hammerstein II, erzählt die Geschichte von solchen fahrenden Schauspielern vor dem Hintergrund der Rassendiskriminierung im Amerika des späten 19. Jahrhunderts. Es erzählt aber auch von Liebe und Freundschaft, von Ehrgeiz, Hoffnung und zerschlagenen Träumen. Nicht zuletzt wegen dieser vielseitigen Geschichte wird es auch als das erste Musical überhaupt bezeichnet.
Sehr glaubhaft vermittelt Milica Jovanovic die Reifung von der jungen, naiven Nola zu einer erwachsenen Frau und Mutter, die die Schattenseiten des Lebens erfahren hat. Auch Jan Ammann überzeugt mit seiner Darstellung des sorglosen Gaylord, der am Ende die Konsequenzen seines unbedachten Handelns lernen und eine schwere Entscheidung treffen muss. Es ist ein Genuss für die Ohren, den klaren Sopran und weichen Tenor der beiden zusammen in den zahlreichen Duetts zu hören. Sophie Berner's souliger Alt steht aber in nichts zurück und auch sie liefert eine ergreifende Darstellung dieser einst so selbstbewussten jungen Frau, die auf Grund ihrer farbigen Mutter an den Rand der Gesellschaft gedrängt, alle Lebensfreude verliert.
Die Stiftruine bot eine stimmungsvolle Kulisse, zu der der sternenklare Himmel bei der sonntäglichen Aufführung noch beitrug. Wenngleich nur noch eine Ruine, so bietet der ehemalige Sakralbau dennoch eine hervorragende Akustik, in der sich der Klang des 27-köpfigen Orchesters und 40-köpfigen Ensembles voll entfalten konnte. Und das ist auch gut so, denn Jerome Kern's Musik ist das eigentlich Glanzstück des Werkes. Die Melodien wechseln zwischen fröhlichen Bühnenstücken und melancholischen Melodien und weisen vor allem im ersten Akt Einflüsse von Soul und Jazz auf, im zweiten Akt dann eher die Einflüsse vom Reggae und Can-Can des frühen 20. Jahrhunderts.
Obwohl die Räumlichkeiten der Bühne in der Stiftsruine etwas ungewöhnlich und wohl schwierig für jede Inszenierung sind (die Bühne umfasst Chor und Altarraum des ehemaligen Kirchengebäudes), sind sowohl Choreografie, Beleuchtung und vor allem das Bühnenbild der geschmackvoll und gut umgesetzt.
Alles in allem war Show Boat eine großartige Produktion eines amerikanischen Broadway Klassikers der in seiner Vielschichtigkeit auch in der heutigen Zeit nichts an Präsenz und Relevanz verloren hat. Das sah das Publikum am Sonntagabend wohl ähnlich, als es sich nach dem Verklingen der letzten Töne zu einer geschlossenen Standing Ovation erhob und sich mit nicht enden wollendem Applaus für die Darbietung bedankte. Es bleibt zu hoffen, dass das Musical als Wiederaufnahme auch im nächsten Jahr einen Platz im Programm der Bad Hersfelder Festspiele finden wird.
Photo Credit: drama-berlin.de
Videos