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BWW Reviews: 'Komiker aus Versehen' Schlosspark Theater

By: Jun. 18, 2012
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Der Autor Daniel (Daniel Große Boymann) ist verzweifelt. Nicht nur haben ihn seine Darsteller und Mitautoren alleine gelassen, er hat einen Abgabetermin für einen Theo Lingen Abend mit dem Titel „Komiker aus Leidenschaft.“ Die Ideen wollen nicht wirklich den Weg auf das Papier finden und so sucht der Autor Hilfe bei Lingen selber. Der ist selbstverständlich schon einige Jahrzehnte verstorben, also bleibt dieser Wunsch unerhört. Nein, Moment als der Strom ausfällt und Daniel eine Kerze anzündet, sitzt er plötzlich da: mit perfektem Mittelscheitel, vornehm, fast aristokratisch und stockgerade auf dem Sofa: Theo Lingen.

Wer sich spätestens an dieser Stelle stirnrunzelnd an den Kopf fasst, kann ich trösten. Mir erging es da nicht viel anders, denn was als hanebüchend dünne Idee beginnt, steigert sich im Laufe des Abends zu einer Theo Lingen Gedächtnis Show gepaart mit Ilja Richter als Theo Lingen. Richter macht das durchaus überzeugend mit allem was dazu gehört: die näselnde, kurzatmige (manchmal nervende) Stimme und die sehr spezielle Gestik, die wahlich aus einer anderen Zeit stammte. Er spielt ihn als schwierigen, exzentrischen Mann, der nicht Komiker aus Leidenschaft sondern vielmehr Komiker aus Versehen war. Voilà: da hätten wir also den Titel. Zuoft nimmt Autor Tilmann von Blomberg Bezug auf diese Aussage Lingens und so bleibt vieles dramaturgisch im Argen. Der Abend hangelt sich von einem Ereignis in Lingens Leben zum nächsten und verliert sich dabei zu oft in Wiederholungen und leider auch in Belanglosigkeit, denn besonders der erste Akt hat einige Längen.

Glücklicherweise ist mit Gideon Rapp ein Schauspieler und Verwandlungskünstler gefunden, der Richter nicht nur in vielen Momenten die Show stiehlt, sondern dessen Theo Lingen spot on ist. Rapp wechselt in Windeseile zwischen so unterschiedlicher Figuren wie Gründgens, Goebbels und sogar den jungen Ilja Richter, hin und her und überzeugt auf ganzer Linie. Das kann man von Katharina Lange, das einzig weibliche Ensemblemitglied, leider nicht behaupten. Mit einer Penetranz, die kurz vor der Schmerzgrenze ist, krakeelt sich die Schauspielerin durch den Abend um in jeder Rolle absolut gleich zu sein. Ihr Fehlen die nötigen Feinheiten, Farben und Nuancen um ihre Charaktere mit Leidenschaft und Leben zu füllen. Sie scheint von einem Auftritt zum nächsten zu hetzen (meist im nicht richtig oder nur halb angezogenem Kostüm) und spielt dazu noch jede Rolle gleich. Das, was für jede Schauspielerin darstellerisch ein Fest sein sollte, scheint Lange nicht gewachsen zu sein und enttäuscht auf ganzer Linie mit einer sehr unterdurchschnittlichen Leistung.

Daniel Große Boymann ist als charmanter Begleiter, sowohl musikalisch wie schauspielerisch sehr gut präsent und ständig auf der Bühne um so von Lingen persönlich Einblick in dessen Leben zu erhalten. Dabei wird er vom alten Lingen oft dazu bewegt selber in Figuren aus Lingens leben zu schlüpfen. Große Boymann war darüber hinaus für die exzellente musikalische Einrichtung zuständig. Ilja Richter schrieb neue Texte zu (mal mehr, mal weniger) bekannten Couplets und Chansons. Diese fügen sich gut und gewitzt in die Handlung ein. Trotzdem bleibt die Handlung das zentrale Problem dieses Stückes. Natürlich sind gewisse Erwartungshaltungen an biographische Stücke gebunden. Pam Gems hat z.B. mit „Marlene“ wie auch mit „Piaf“ bewiesen das dies sehr gut funktionieren kann. Tilmann von Blomberg ist leider nicht der große Wurf mit dieser Arbeit gelungen, zu holprig und zu unausgegoren springt der Abend durch die Lebensstationen von Theo Lingens Leben, zu beliebig und austauschbar werden die Szenen, die nur Dank der hervorragenden männlichen Darsteller funktionieren. Regisseur Ulf Dietrich ist ein mäßig amüsanter Theaterabend gelungen, der seine Schwächen hat, allerdings auch durch starke Momente im zweiten Teil punkten kann. So wird Lingens Haltung im Dritten Reich näher beleuchtet und ein Treffen mit Joseph Goebbels.

Ich für meinen Fall werde demnächst ein Stück über Marilyn Monroe oder Audrey Hepburn schreiben und hoffe auf einen Stromausfall, der mir die zwei Legenden in mein Wohnzimmer zaubert, denn bei Lingen hat das ja schließlich auch funktioniert...



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