Es ist eine der berühmtesten Szenen aus einem der erfolgreichsten Musicalfilme der Filmgeschichte. Gene Kelly hüpft und tanzt durch Wasserpfützen und singt dazu sein legendäres "Singin' In The Rain". Was auf Zelluloid zum Klassiker wurde und sich nach wie vor großer Beliebheit erfreut,endet in der Realiät weniger schön. Der Auftaktabend des Classic Open Air Spektakels auf dem Gendarmenmarkt endet am Donnerstag Abend vorzeitig mit Regen, Blitz und Donner. Nach singen im Regen ist da niemandem zu Mute, vor allem den durchnässten Besuchern nicht. Während vereinzelte Besucher bereits vor dem Ende des ersten Teils die Flucht ergreifen, geht die Vielzahl in der Pause. Einer von den Besuchern war ich. Leider ist es nicht nur der Regen der stört und überflüssig ist. Angefangen mit den unlustigen, pointiert entleerten und schlecht recherchierten Moderationsversuchen von Herbert Feuerstein.
Feuerstein, dem die Veranstalter versäumt haben zu sagen das er schon seit zwei Jahrzehnten nicht mehr witzig ist, hangelt sich von einer rhetorisch unterernährten Moderation zur nächsten. Witzig sind da nur die Bemerkungen meines mürrischen Sitznachbarn, der sich über die aufgespannten Regenschirme und die eingeschränkte Sicht aufregt. Leider durchweht ein fader Geschmack von Amateurschauspiel die Szenarie. Angefangen vom miserabelsten Ton den ich je bei einer Veranstaltung gehört habe. Natürlich war es aufgrund des Regens sicherlich nicht leicht alles ausgewogen zu steuern, jedoch wirkt der Ton derart dilettantisch, dass ich vermute ein Praktikant saß an den Reglern. Einige Mikrofone waren nicht offen, angefangen bei der Begrüßung durch Feuerstein. Nun gut, schlimm war das wiederum nicht. Feuerstein war ohne Ton auf jeden Fall witziger als bei seinem anbiedernden Versuch immer wieder auf das "grandiose Publikum" hinzuweisen. Ich kam mir schon so gebauchpinselt vor, dass ich mir beinahe selber Rosen geschickt hätte mit dem Vermerk: "Du bist so toll. Danke das es dich gibt. Dein Marcel".
Was nun folgt wirkt weder durchdacht, geprobt noch sonderlich bühnenwirksam inszeniert. Nachdem die Sänger des Abends mit "Ein Lied geht um die Welt" von Hans May eröffnen, "verabschiedet" Feuerstein die Protagonisten charmant mit den Worten: "Ihr könnt jetzt gehen" und so trotten die Sänger und Sängerinnen wieder hinter die Bühne. Das wirkt so glanzvoll und liebevoll wie eine Dorfveranstaltung in Brackenheim oder Annaberg-Buchholz.
Nachdem die üblichen musikalischen Verdächtigen zum Einsatz kommen, Johanna Winkel glänzt mit O mio babbino caro, wird der Fremdschämfaktor groß wenn die 12 Tenors, eine Art Boygroup im handelsüblichen, weichgespülten Klassikformat, die Bühne betreten und in einem blödsinnigen (und schlecht gesungenen) Wettkampf O sole mio schmachten. Einige Mikrofone der Künstler auf der Bühne scheinen auch hier wieder (absichtlich?) nicht "on" zu sein. Ein akustischer Totalausfall.
Apropos Ausfall. César Mesa, der mit Caruso nun wirklich eine der schönsten Arien zu singen hat, sieht zwar blendend aus, doch ist stimmlich irgendwo zwischen Discounter und Billigschnäppchenkette. Wer auch immer für seine Verpflichtung zuständig ist, hätte wohl lieber akustische Beispiele angefordert als auf die Vita mit dem schönen Foto zu schielen.
Art Of Contrast ist nicht etwas eine neue Galerie in Charlottenburg, sondern der Name eines Chores, der mir, zurecht, vorher kein Begriff war. Jeder Amateurchor auf einem Heurigenabend kann gesanglich mehr Glanzpunkte setzen als dieser geglückte Versuch das Andenken von Edith Piaf zu beschmutzen. Wenn ich die Rechte an diesem wunderschönen Klassiker La Vie En Rose besäße, würde ich auf Schadenersatz klagen. Eine deartige Dissonanz und stimmliches Unvermögen im Umgang mit Musik habe ich noch nie gehört.
Star des Abend ist Anna Goryachova, die für alle Missetaten der "First Night" mit makelloser Stimme überzeugt und die Habanera aus "Carmen" (Art of Contrast begeliet hier und benötigt für die wenigen Zeilen tatsächlich mitgebrachte Noten!) und Io sono docile ("Der Barbier von Sevilla") zum Besten gibt. Hervorragend!
Das Orchester (Anhaltische Philharmonie Dessau) unter der Leitung von Stefan Diederich kann sich akutisch nur schwer gegen den Regen behaupten, fällt aber auch eher durch routinierte Begleitung als durch rafiniertes Dirigat aus. Selbstverständlich ist der immer wieder stärker werdene Regen für die Veranstalter ein Ärgernis erster Güte. Hoffentlich werden die kommenden Tage von Petrus mit einem lachenden Auge unterstützt, denn auf ein "Singin' In The Rain" können beide Seiten verzichten. Das macht dann lieber Gene Kelly.
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