Wie schrieb Loriot noch so schön in seinem kleinen Opernführer? „Candide, das Musical der Herren Voltaire und Bernstein, ist das einzige seiner Art, dessen genaue Inhaltsangabe – rasch vorgetragen – ebenso lange dauert wie das Musical selbst."Also richten wir uns nach dem Meister und beschränken uns auf das was in der Deutschen Oper Berlin in einer konzertanten Fassung von "Candide" gesanglich geboten wurde.
Wenn man auch nur einen Hauch von Interesse an Opern hat, dann ist der Name Grace Bumbry das was Trüffel für den Gourmet und Château Lafite für den Weinkenner ist. Die Bumbry wieder zurück auf der Opernbühne, nachdem sie schon vor Jahren ihre berufliche Karriere beendete. Die Sensation ist perfekt denn nach einer Abstinenz ist sie endlich wieder zurück.
Obwohl Bumbry nicht mehr die Agilität für Salome, Tosca und Eboli hat zeigt sie wieder einmal was eine Stimme ist und welche Intensität diese hat. Eine Intensität die Simone Kermes als Cunegonde schmerzlich vermissen läßt. Wenn als Koloratursopran die hohen C's und D's im Ensemble nicht drüberliegen dann stimmt da was nicht. Bumbry sang eine Okatve tiefer und war besser zu vernehmen als Kermes. Ihr "Glitter and be Gay" blieb weit hinter den Erwartungen zurück, hier war eindeutig zu wenig interpretiert und zu wenig verstanden, ja man hatte da den Eindruck Simone Kermes wüsste nicht wirklich was sie da singt...
Der für Toby Spence eingesprungene Tenor Stephen Chaundy machte seine Sache sehr gut. Als Candide gestaltet er schöne Phrasierungen und Töne; der sprachliche Duktus ist exzellent.
Am besten besetzt war neben Grace Bumbry der womöglich im Haus etwas unterschätzte Ensemblesänger Burkhard Ulrich. Er sang und spielte so großartig, dass man meinen könnte einer vollständigen Iszenierung beizuwohnen und nicht einem Konzert. Seine Mimik und Gestik sind großartig und seine Stimme sehr präsent und artikuliert.
Maximilian wurde von Alexey Bogdanchikov gesungen, allein optisch schon eine Idelabesetzung, konnte der junge Bariton vor allem mit seiner Stimme punkten, auch wenn er noch etwas in das große Opernhaus der Deutschen Oper reinwachsen muss. Aber er singt sehr klangschön und gut.
Richtig fehlbesetzt ist Simon Pauly, der als Dr. Pangloss jedes Charisma vermissen läßt. In der eigentlich echt belanglosen Rolle Paquette glänzt Martina Welschenbach die eine deutlich bessere Wahl für Cunegonde gewesen wäre.
Ben Becker (als Erzähler) ist leider nicht Loriot und er gibt sich Mühe die geistreichen und gewitzten Bonmots von Loriot nett zu verpacken, doch war es seit jeher alles andere als amüsant wenn der Erzählende sich immer wieder selber laut lachend auf die Schenkel klopft,..gut vielleicht hat er es an diesem Abend auch zum ersten Mal gelesen, warum sich groß vorbereiten wenn es auch anders geht?
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